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Wie wirkt sich die Fasslagerung auf den Wein aus?

Wie beeinflussen Holzfässer eigentlich den Geschmack von Wein? Der Ausbau im Holz hat eine lange Tradition, doch ist Ihnen bewusst, wie entscheidend es den Wein verändern kann? Wir sind dieser Frage auf die Spur gegangen und haben für Sie alle relevanten Informationen dazu hier zusammengefasst!

Veröffentlicht am 02. September 2020

Seit der Zeit des Römischen Reiches ist der Ausbau im Holz die wichtigste Art, Wein reifen zu lassen. Zwar hat das Holz im Laufe der letzten Jahrzehnte Konkurrenz von Edelstahl, Zement, Beton und selbst von der klassischen Amphore aus Ton erhalten, doch Holz bleibt wesentlich für die Formung eines bestimmten Wein-Charakters. Holz kann dabei entscheidenden Einfluss auf den Geschmack haben, aber auch die Struktur und Textur des Weines verändern. Doch an welchen Stellen übt das Holz diesen Einfluss aus? Wir öffnen ganz exklusiv für Sie die Türen zu den aussergewöhnlichsten Weinkellern unserer Winzer, in denen die Weine in Barriques lagern und nur darauf warten, den perfekten Reifezeitpunkt zu erreichen.

Die Wahl des Fasses

Die Lagerung eines Weines im Fass dient dazu, den Reifeprozess auf eine ganz bestimmte Art zu beeinflussen. Dabei spielen die Grösse des Fasses, sein Alter und die Wahl der Holzart sowie deren vorherige Behandlung eine entscheidende Rolle. Das am häufigsten verwendete Fass ist das sogenannte Barrique mit einem Inhalt von 225 Litern. Diese Fassgrösse hat sich aus praktischen Gründen ergeben. Im Mittelalter wurden solche Barriques in Bordeaux eingesetzt, weil ein einzelner Arbeiter ein leeres Fass auf der Schulter tragen und ein volles an Bord eines Schiffes rollen konnte. Weine aus Bordeaux wurden seinerzeit überwiegend nach England verschifft. Aus der Fassgrösse hat sich später die 0,75-Literflasche entwickelt; denn aus dem Inhalt eines Barriques können genau 300 Flaschen gefüllt werden.

Neben dem weltweit verwendeten Barrique mit 225 Litern und dem im Burgund üblichen Pièce mit 228 Litern sind weitere Fassmasse üblich. Oft verwendet werden 500- bzw. 600-Literfässer sowie Fuder mit einem mehrfachen Inhalt von 600 Litern, also mit 1.200, 1.800 oder 2.400 Litern. Je grösser ein Fass ist, desto weniger spürbar ist der Einfluss seines Holzes auf den Wein; denn die Oberfläche des Holzes, die mit dem Wein in Kontakt kommt, nimmt proportional mit der Fassgrösse ab. Zudem ist das Holz bei grösseren Fässern dicker und entsprechend weniger für Sauerstoff durchlässig.

Der Einfluss des Holzes

Der Einfluss des Holzes auf den Wein kann sehr gross sein, wenn man es bewusst darauf anlegt. Das beginnt mit der Wahl des Holzes. Meist wird Eichenholz verwendet. Entscheidet man sich für beste französische Hölzer, ist der Ausdruck des Holzes eher fein. Entscheidend man sich für amerikanische Eiche, wie das in vielen Teilen Spaniens üblich ist, kommen zum Aroma der Eiche noch Aromen von Zimt und Kokos hinzu, was für klassische Riojaweine typisch ist. Als Winzer hat man jedoch nicht nur die Möglichkeit, zwischen Fassgrösse und Holzart zu wählen, sondern auch zwischen verschiedenen Toastungsgraden; denn ein Fass wird am Ende des Produktionsprozesses in der Küferei einmal ausgebrannt. Das diente ursprünglich nur der Desinfektion. Doch man hat irgendwann erkannt, dass sich die Länge des Flämmens stark auf das Aroma auswirkt. Ganz nebenbei gesagt, findet der Einfluss des Holzes nicht nur während des Ausbaus statt, er kann sich auch schon in der Zeit der Gärung auswirken; denn die Trauben können natürlich auch im Holzgärbottich vergoren werden und im Zweifelsfall sogar im neuen Holz.

Die Art der Lagerung des Weines

In Bordeaux, bei modernem Rioja, in Ribera del Duero und Toro oder auch bei Cabernets aus Übersee ist es üblich, dass der Wein vornehmlich in neuen Barriques ausgebaut wird. Hat der Wein besonders viel Kraft und Substanz – man denke nur an reinsortigen Petit Verdot –, kann eine ganze Charge in neuen Barriques ausgebaut werden. Üblich aber sind rund 50 % der Charge. Die verbliebenen 50 % werden in gebrauchten Fässern ausgebaut. Meist werden solche Weine über zwei Jahre hinweg in Barriques gelagert. Der fertige Wein ist dann stark holzbetont und verbindet eine konzentrierte Frucht mit Aromen von Rauch, Eiche, Vanille und Gewürzen. Diese Weine sind eigentlich dazu gemacht, mindestens fünf, eher zehn Jahre weiter in der Flasche zu lagern.

Über Polymerketten und die Alterung

Nutzt der Winzer ausschliesslich mehrjährig gebrauchte Barriques oder grosse Holzfässer, dann geht es ihm nicht mehr um den Geschmackseinfluss von Holz, sondern um den Einfluss auf die Struktur und Textur des Weines. Beim Reifen eines Weines verbinden sich Monomere zu langen Polymerketten, also zu Reihungen von Molekülen. Das verändert den Wein im Bezug auf die Farbe, den Duft, den Geschmack und die Textur. Diese Art der Reifung betrifft also die gesamte Sensorik. Das Tannin wird eleganter, die Primärfrucht verändert sich hin zu balsamischen Noten und die Farbe im Laufe der Zeit von intensivem Violett oder Granat hin zu orangefarbenen oder ziegelroten Tönen. All das passiert so lange, bis der Sauerstoff irgendwann die Oberhand gewinnt und der Wein oxidiert – wie es beispielsweise bei bestimmten Sherrys oder Portweinen gewollt ist. Die Lagerung hat also einen entscheidenden Einfluss; denn wenn im Holz gelagert wird, dann dringt durch das Holz immer auch ein wenig Sauerstoff, der für eine natürliche Mikrooxigenation sorgt und diesen gewollten Alterungsprozess anstösst.

Auch Weissweine lagern im Holz

Obwohl die Mehrzahl der im Holz ausgebauten Weine rot ist, werden auch Weissweine im Holz gelagert. Gerade die grossen weissen Riojaweine sind berühmt für einen Geschmack, der ganz entscheidend vom Holz beeinflusst ist. Diese Weine erinnern oft an Vanille, Rauch und Karamell sowie an geröstete Haselnüsse - typische Aromen für im Holz ausgebauten Chardonnay, wie z.B. der beeindruckende Siete Valles Chardonnay 2019. Und auch bei Weissweinen hat der Holzausbau noch eine andere Funktion; denn fassgereifte Weissweine werden oft auf jener Hefe gelagert, mit der sie vergoren wurden. Der Einfluss der Hefe und des Holzes führt zu einer sehr cremigen Textur und zu einem besonderen Schmelz am Gaumen.

Crianza, Reserva und Gran Reserva

In vielen Teilen Spaniens hat der Holzausbau eine lange Tradition. Perfektioniert haben es Winzer in der Rioja, die ihr Handwerk in Bordeaux gelernt hatten. Die Rioja war es dann auch, die ein Qualitätssystem geschaffen hat, das auf der Länge des Fassausbaus basiert. Eine Crianza wie die Viña Zorzal Crianza 2017 muss mindestens zwei Jahre und davon sechs Monate im Eichenfass reifen. Eine Reserva hingegen verbringt mindestens drei Jahre und davon zwölf Monate im Fass, während eine Gran Reserva, wie z.B. die Madurada Gran Reserva 2014, erst nach frühestens fünf Jahren nach der Lese und mindestens 18 Monaten im Barrique in den Verkauf kommt.

Fazit

Holz ist ein entscheidender Faktor beim Ausbau von Wein. Zwar gibt es Alternativen in der Wahl der Ausbauart, doch führen diese immer zu einem anderen Stil des Weines. Wie stark sich das Holz auf den Charakter des Weines auswirkt, liegt in der Entscheidung des Winzers. Das Holz kann ein wichtiger Geschmackslieferant sein oder dazu dienen, die Eleganz und die Struktur des Weines hervorzuheben und positiv zu verändern. Zwischen intensivem Geschmackseinfluss und Struktur gibt es jedoch viele Abstufungen. Wie gut die Winzer dies im Griff haben, entscheidet letztlich über die Güte des Weines.