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Weisses Gold in Spaniens Weinbergen

Wie nahe Glück und Unglück beieinanderliegen, wenn es in Spanien plötzlich schneit

Veröffentlicht am 23. Februar 2021

Im Januar lagen grosse Teile Spaniens unter einer dichten Schneedecke. Das war auf der Iberischen Halbinsel ein völlig ungewohnter Anblick. Während sich die Landschaft traumhaft schön präsentierte, herrschte in vielen Regionen kurzfristig grosses Chaos. Eine weisse und kalte Winterlandschaft hat allerdings auch ihre problematischen Seiten; denn vielerorts war man auf eine so grosse Kälte und derart viel Schnee nicht eingestellt. Wie nun wirkt sich ein solches Wetter auf die Landwirtschaft und vor allem auf den Weinbau aus?

Der Schneesturm Filomena hat für weisse Weinberge gesorgt

Die Meteorologen haben das Sturmtief, das die Iberische Halbinsel im Januar heimgesucht hat, Filomena getauft. Dieser weibliche Vorname bedeutet etwa Freundin der Stärke. Und dieses Sturmtief war tatsächlich ungewöhnlich stark und hat dafür gesorgt, dass es klirrend kalt wurde und die Iberische Halbinsel weitestgehend unter einer dichten Schneedecke lag. Das war vor allem für die an der Küste lebenden, sonnenverwöhnten Spanier eine völlig ungewohnte Situation. Auf den Hochebenen Zentralspaniens wird es im Winter zwar sehr kalt, aber nicht so kalt wie diesmal, und nur selten fällt so viel Schnee.

Der Schneesturm und die Landwirtschaft

Landwirtschaftsexperten sorgen sich vor allem um die Olivenbäume, die nicht so frostbeständig sind wie Reben und von denen viele in Mitleidenschaft gezogen wurden. Zwar haben auch nicht wenige Winzer ein mulmiges Gefühl wegen der aussergewöhnlichen Wetterkapriolen, wie sie im Dezember und Januar aufgetreten sind, doch Rebstöcke sind recht frostbeständig. Im Winter hat sich der Saft der Pflanze in die Wurzeln zurückgezogen, und die Rebe hält Winterschlaf. Wäre der Saft noch in den Stöcken, so könnte dieser gefrieren, sich dabei ausdehnen und die Stöcke platzen lassen, doch das war im Januar nicht der Fall. Solange die Temperaturen nicht für längere Zeit unter -20 °C sinken, kann der Frost den Reben kaum etwas anhaben.

Bei vielen der mit uns befreundeten Winzer, die Olivenbäume und Rebstöcke besitzen, schlagen gleichsam zwei Herzen in einer Brust; denn was für Olivenbäume zu kalt ist, sorgt auch dafür, dass viele Schädlinge, die sich in den Weinbergsböden samt ihrer Brut versteckt haben, schlichtweg erfrieren. Das bedeutet weniger Schädlingsdruck in der kommenden Saison. So ist es auch hierzulande, wo sich Winzer wie auch Forstleute sehr über eine längere Frostperiode freuen; denn die führt zu einem natürlichen Rückgang der Schädlinge. Und natürlich hat auch der Schnee etwas Gutes – ganz davon abgesehen, dass die winterlichen Weinberge einfach wunderschön aussehen: Der Schnee sickert viel langsamer und stetiger in die Böden, diese können das Wasser besser speichern und in trockenen Zeiten wieder abgeben.

Im Januar geht es schon wieder hinaus in die Weinberge

Den Winzern bleibt derweil keine lange Ruhepause. Sie müssen bereits seit Januar schon wieder in den Weinberg gehen, um die Reben zu beschneiden und festzulegen, wie viele sogenannte Augen an einer Fruchtrute verbleiben. Dadurch wird bestimmt, wie viele Trauben an ihr wachsen sollen. Wird nur wenig geschnitten, wird der Ertrag hoch sein, wird mehr geschnitten, sinkt der Ertrag, und der Winzer erhält mehr Qualität als Quantität.

Für viele Winzer ist die Zeit des Rebschnitts eine der schönsten Im Jahr. Die Luft ist kalt und klar, die Landschaft ruhig und ganz entspannt. Man muss sich zwar sehr warm anziehen, wenn man bei Minusgraden im Weinberg schneidet, aber die Zeit, die man dort verbringt, kann man zum Meditieren nutzen, und viele Winzer planen in dieser Zeit schon grob den Jahresablauf. Winzer zu sein bedeutet, als Landwirt und Önologe, als Buchhalter und als Marketingfachmann zu agieren, den Stil der Weine festzulegen, um sie später erfolgreich zu vermarkten. Und das will gut durchdacht und geplant sein.

 

Fazit

Filomena war also Fluch und Segen zugleich für die Iberische Halbinsel. Die Rebstöcke hat das Wetterphänomen dabei am wenigsten belastet. Reben gehören zu den sehr robusten Gewächsen. Sie können gut mit Hitze und mit Kälte umgehen. Das Wetter muss schon extrem sein, wenn es der Rebe wirklich etwas anhaben will. Mit dem Klimawandel allerdings passiert dies immer häufiger. Vor allem Spätfröste und Hagel sind unangenehme Wetterphänomene; denn durch sie werden die Blüten oder die Trauben beschädigt, und es gehen oftmals grössere Teile der Ernte verloren. Doch das war in Spanien nicht der Fall, und so sind die Winzer längst in den Weinbergen unterwegs, um den ersten Rebschnitt zu vollziehen.