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Bio – der Schlüssel zum Weinbau der Zukunft

Biologischer Weinbau war früher Nische und ist heute in immer mehr Weingärten Normalität. Vor allem in Spanien, das die grösste biologisch bewirtschaftete Weinbaufläche weltweit besitzt. Mehr als 1.000 Betriebe setzen dort auf den Einklang mit der Natur. Das heisst, dass dort nur biologische Pflanzenschutzmittel verwendet werden. Aber den meisten Winzern geht es um viel mehr. Es geht um Artenvielfalt, also Biodiversität im Weinberg und um ihn herum. Wo früher Monokultur zu finden war, herrscht in vielen Weinbergen das pure Leben, es krabbelt und blüht und das trägt neben dem Schutz der Natur tatsächlich auch zu einem komplexeren Wein bei. Wie das geht, erfahren Sie hier.

Veröffentlicht am 03. September 2021

Bioweine zwischen gut und günstig und herausragend und teuer

Wenn es ein Weinbauland gibt, in dem der biologische Weinbau gross und immer grösser geschrieben wird, dann ist es der spanische. Schon seit vielen Jahren setzen immer mehr Winzer auf eine nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Weinberge – die meisten mit, einige auch ohne ein amtliches Zertifikat. Mit rund 115.000 Hektar verfügt Spanien über mehr offiziell biologisch bewirtschaftete Weinberge als jedes andere Land. Der ökologische Weinbau ist längst aus der Nische in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Wo es früher Vorbehalte gab, das Bioweine irgendwie anders schmecken würden und zudem teurer wären als konventionelle, weiss man es heute besser. Bioweine gibt es in gut und günstig, herausragend und teuer und allem, was dazwischen liegt. Sie werden im Schnitt von den bekannten Kritikern besser bewertet und das liegt auch daran, dass viele der besten Winzer des Landes voll auf biologischen und nachhaltigen Ausbau setzen. Es sind Betriebe wie Pingus von Peter Sisseck in Ribera del Duero, Recaredo im Cava-Gebiet, Rafael Palacios, Artadi in der Rioja oder auch die Familie Torres, der grösste Bio-Erzeuger des Landes. Es sind also auch die Besten der Besten, denen im Laufe ihrer Arbeit immer bewusster geworden ist, dass Bio die Grundlage für den besseren Wein sein kann.

Was gehört eigentlich zum biologischen Weinbau?

Die wichtigste Bedingung für den biologischen Weinbau ist der Verzicht auf den Einsatz chemischer Dünge- und Spritzmittel. Stattdessen setzen Winzer mit natürlichen Mitteln für ein Gleichgewicht im Weinberg. Hilfreich bei dieser Art der Arbeit sind die klimatischen Bedingungen in Spanien: Das trockene, heisse Klima und die oft kargen Böden machen es vergleichsweise leicht, auf den Einsatz chemischer Mittel zu verzichten, da man wenig Probleme mit Echtem und Falschem Mehltau hat.

Was immer wichtiger wird: Biodiversität und Nachhaltigkeit

Der Begriff Bio bedeutet heute für viele Winzerinnen und Winzer viel mehr als der Verzicht auf chemische Mittel. Neben der biologischen Arbeit im Weinbau wird immer nachhaltiger gearbeitet: Flaschen werden leichter, Dächer mit Solar-Paneelen ausgerüstet, Wasser wiederverwertet, Weinberge durch Baumreihen geschützt, Nützlinge durch Pflanzen angelockt, Schädlinge durch Pheromonfallen verwirrt. Wo man früher die Flächen um die Reben herum gepflügt hat, um keine anderen Pflanzen wachsen zu lassen, die den Reben Konkurrenz bieten könnten, wird heute auf Vielfalt gesetzt. Denn man weiss heute, dass die Vielfalt im Weinberg die Reben widerstandsfähiger macht. Aussaaten von Kräutern, Gräsern und Hülsenfrüchten (so genannte Leguminosen) sorgen im Weinberg nicht nur für eine Auflockerung, Durchlüftung und Düngung des Bodens, sie binden auch Feuchtigkeit. Und das wird bei zunehmender Trockenheit in vielen Weinbergen ein entscheidender Faktor.

Trauben werden widerstandfähiger, Wein aromatischer

Für den Winzer Richard Sanz und seine Brüder vom Weingut Menade, die in Rueda und Castilla y Léon einige der bekanntesten Verdejo und Sauvignon Blanc des Landes erzeugen, ist klar: „Die Zukunft, die wir im Weinbau haben, liegt in der Rückkehr zu den Ursprüngen. Wir Menschen haben die Vielfalt lange nicht beachtet oder gar zerstört. Unsere Mission ist es, diese Biodiversität wieder aufzubauen". Biodiversität steht für einen neuen Reichtum an Tier- und Pflanzenarten rund um den Weinberg. Sie sorgt für ein natürliches Gleichgewicht, dass auch die Reben stärkt. Denn alles wirkt zusammen. Ein Beispiel? Auf dem Kultweingut Anima Negra auf Mallorca hat man entdeckt, dass die Pfirsichbäume, die schon die Vorfahren mitten in die Weinberge gesetzt hatten, dafür sorgen, dass es eine grössere Vielfalt an Hefen in den Weinbergen gibt. Die sorgen bei der Vergärung der Weine für eine höhere Komplexität. Viele Winzer stellen zudem fest, dass eine langjährige biologische oder auch biodynamische Arbeit die Beeren kleiner, aromatischer und widerstandfähiger werden lässt und das komplexe Bodenleben dafür sorgt, dass die Weine mineralischer werden. Kurz gesagt: Die Weine erhalten mehr Charakter.

Fazit

Der Weinbau der Zukunft ist biologisch, er ist nachhaltig und biodivers. Denn nur Weinberge, die aus sich selbst heraus gesund sind, werden auf Dauer dem Klimawandel mit seinen Starkwetterereignissen und der Trockenheit trotze. Auch wenn biologischer Weinbau mehr Arbeit im Weinberg bedeutet, sorgen gesunde Trauben dafür, dass im Keller später viel weniger zu tun ist. Bei guten Winzern entstehen diese Wein im Keller dann fast von selbst und für die Winzer ist klar: Ihre Weine sind komplexer, aromatischer und lebendiger geworden.