Spanien ist mit 1,2 Millionen Hektar das grösste Weinbauland der Erde. Dabei ist es auch so vielfältig wie kaum ein anderes. Diese Vielfalt findet sich nicht nur in den unterschiedlichen Klimata und Böden, bei den Rebsorten und Stilen, sondern auch bei den Bodegas. Von kleinen Garagen-Weingütern mit wenigen Fässern reicht das Angebot bis zu grossen Unternehmen, die Weingüter in vielen Landesteilen besitzen. All das hat sich vor allem in den letzten 150 Jahren entwickelt, seit sich die ersten Bodegas in der Rioja gegründet haben.
Der erste Erfolg kam mit Rioja
Um 1850 herum begann der Aufstieg Spaniens zur modernen Weinbau-Nation. Er hatte seinen Ursprung in der Rioja und auch in Navarra, wo verschiedene Weingüter von Weinmachern gegründet wurden, die ihr Handwerk in Bordeaux erlernt hatten oder von Bordeaux wie auch von Burgund inspiriert worden waren. Damals war Bordeaux der Mittelpunkt der Weinwelt und Vorbild für andere. In der Rioja entstanden kurz nacheinander Weingüter, die den spanischen Weinbau bis heute prägen. Dazu gehören Marqués de Riscal und Marqués de Murrieta, die Compañía Vinícola del Norte de España, kurz CVNE, La Rioja Alta, Faustino und natürlich auch López de Heredia mit seinen Weinbergs-Lagen Viña Tondonia, Viña Cubillo, Viña Bosconia und Viña Gravonia. Parallel dazu entstanden im ebenfalls von Frankreich beeinflussten Navarra Weingüter wie die Bodegas Julián Chivite.
Sie alle profitierten zunächst davon, dass das benachbarte Frankreich unter der Reblauskatastrophe litt. Von der Rioja und aus Navarra, aber auch aus vielen anderen Weinbauregionen wie Jumilla oder Mallorca, wo Ende des 19. Jahrhunderts zehnmal so viel Wein angebaut wurde wie heute, wurde Fasswein geliefert. Allerdings ging das nur so lange, bis die Reblaus auch in Spanien Einzug hielt und Frankreich sich erholt hatte.
Mit der Reblaus kam die Krise und mit ihr die ersten Kooperativen
Mit dem Reblausbefall in den spanischen Anbaugebieten setzte eine Krise ein, die sich durch die politischen Bedingungen der Franco-Zeit noch verlängerte. Spanien war bis in die 1970er Jahre weitgehend isoliert, es gab wenig Kapital, das man hätte investieren können, und so bildeten sich unterschiedliche Strukturen heraus. In vielen grossen wie auch in eher abgelegenen Anbaugebieten bilden sich lokale Kooperativen, die die Weine ihrer Mitglieder regional oder national vermarkteten. Manche dieser Kooperativen, es seien nur Celler de Capçanes aus Montsant oder Borsao aus Campo de Borja genannt, suchten mit dem Eintritt Spaniens in die EU die internationalen Märkte, um ihre Weine zu veräussern, vor allem aber auch, um selbst modern zu werden und auf Augenhöhe mit internationalen Anbietern konkurrieren zu können – mit grossem Erfolg.
Grosse Innovationskraft
Andere Weingüter haben aus sich heraus mit grosser Innovationskraft Imperien aufgebaut. Dazu gehört allen voran Miguel Torres, der in den 1960er Jahren die Zeichen der Zeit erkannt hatte und ab den 1970er Jahren sich mit sehr modernen Weinen national wie international einen Namen machte. Einen ganz anderen Weg ging Telmo Rodríguez, doch auch er dürfte heute zu den bekanntesten Weinmachern Spaniens zählen. Während Torres zunächst vor allem auf internationale Rebsorten für den internationalen Markt setzte, ging Telmo Rodríguez in abgelegene Regionen und suchte dort nach alten Weinbergen mit autochthonen Sorten. Er wurde fündig und ist in hohem Masse mit verantwortlich, dass den alten Weinbergen wieder grösster Respekt gezollt wird; denn diese beherbergen das, was Spanien in hohem Masse von anderen Weinbauländern unterscheidet: über 600 Rebsorten in Weinbergen, die oft über 100 Jahre alt sind.
Die Moderne
Neben den grossen klassischen Weingütern haben sich ab den 1970er Jahren immer mehr Gruppen von Weingütern gebildet. Zu ihnen gehören die Bodegas Faustino, Artevino, die Grupo Barón de Ley in der Rioja, die aus Jumilla stammende Gruppe von Juan Gil oder Félix Solís aus der Mancha. All diese Gruppen besitzen mittlerweile Weingüter, die über das ganze Land verteilt sind. Daneben findet man höchst erfolgreiche Händler und auch Weinmacher, die keine eigenen Weinberge besitzen, sondern mit Vertragswinzern zusammenarbeiten, die selber nicht in der Lage wären, eigene Weine aus ihren Weinbergen zu erzeugen. Hammeken Cellars hat sich damit einen exzellenten Ruf erworben und mit dazu beigetragen, den Monastrell wieder populär zu machen. Auch Paco Mulero gehört zu dieser Gruppe. Daneben gibt es die wunderbaren Erfolgsgeschichten von Weinmachern, die aufs Ganze gesetzt haben und mit wenigen Mitteln schnell den Nerv der Zeit getroffen haben, Weinbegeisterte wie die Sanz-Brüder von der Bodega Zorzal in Navarra oder die drei Freunde Margarita Madrigal, Alexandra Schmedes und Gonzalo Rodríguez, die in La Mancha Más Que Vinos gegründet haben. Sie alle machen den spanischen Weinbau zu einem der spannendsten der Welt und so vielfältig, dass man immer wieder Neues entdecken kann.