Unter den rund 100 Weinbau betreibenden Ländern der Welt nimmt Spanien den ersten Platz ein, wenn es um die Fläche geht. 1,2 Millionen Hektar und damit rund das Zehnfache der Fläche der deutschen Anbaugebiete stehen dort unter Reben. Allein 400.000 Hektar liegen auf der zentralspanischen Hochebene in La Mancha. Die Flächen teilen sich in drei grosse Klimazonen auf. Zur grünen Zone gehören an der Nordküste Spaniens Aragon, Asturien, das Baskenland, Navarra und Rioja, Galicien, Kantabrien und im Prinzip auch die weit entfernten Kanarischen Inseln; denn all diese Regionen sind vom Atlantik beeinflusst. Sie haben heisse Sommer, kalte Winter und recht hohe Niederschlagsmengen. Die mittlere Klimazone erstreckt sich über das riesige Zentralplateau der Meseta, wozu die Extremadura, Castilla y León und Castilla-La Mancha gehören. Dort sind die Sommer noch heisser, die Winter kälter, und es fällt nur ein geringer Niederschlag. Die dritte Zone umfasst jene Gebiete am Mittelmeer, in denen Meeresbrisen für einen Temperaturausgleich während der heissen Sommer sorgen, in denen es ebenfalls wenig regnet, die Winter jedoch deutlich gemässigter ausfallen. Zu dieser Zone gehören Katalonien, die Levante, Andalusien und die Balearen.
Das grüne Spanien
Auch wenn die Grenzen fliessend sein mögen, die unterschiedlichen Klimazonen führen auf der Iberischen Halbinsel zum Anbau verschiedener Rebsorten, was unterschiedliche Weinstile zur Folge hat. Das beste Beispiel für die Besonderheit des grünen Spaniens an der Atlantikküste sind Anbaugebiete wie Txakoli, Ribeiro und Rías Baixas. Dort entstehen Vinos atlánticos, die geprägt sind von Meeresfrische, und zwar nicht nur bei Weissweinen aus Hondarribi Zuri, Godello oder Albariño, sondern auch bei Rotweinen aus so seltenen Rebsorten wie Caíño Tinto, Loureiro Tinto oder Espadeiro. Etwas weiter im Hinterland Galiciens gibt es mit dem Bierzo, der Ribeira Sacra und Valdeorras drei gebirgige Regionen, an deren Hängen oft uralte Mencía- und in kleineren Teilen auch Godello-Weinstöcke stehen. Sie waren in der internationalen, aber auch in der nationalen Weinszene lange vergessen, bis sie in den ausgehenden 1990er Jahren wiederentdeckt wurden, wobei die Sorte Mencía für Furore sorgte.
Deutlich weiter im Osten und etwas weiter im Landesinneren liegen die Anbaugebiete Rioja und Navarra. Sie sind schon deutlich kontinentaler geprägt, weisen aber immer noch atlantischen Einfluss auf. Beide Regionen waren zu Beginn des modernen Weinbaus ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert deutlich französisch geprägt. In Navarra findet man diese Einflüsse immer noch in den französischen Rebsorten Merlot und Cabernet Sauvignon, die sich vor allem mit Garnacha, aber auch mit weissen Sorten abwechseln. Navarra ist nicht zuletzt für seine Rosados berühmt. Der Nachbar Rioja ist seit rund 150 Jahren ein Aushängeschild des spanischen Weinbaus. Mit den weissen, vor allem aber den roten, meist auf Tempranillo basierenden Riojas hat sich Spanien einen Platz unter den führenden Weinbaunationen erobert.
Die Meseta
Wenn es um beste Tempranillos geht, hat das Anbaugebiet Ribera del Duero, gelegen in Castilla y León, der Rioja in den 1980er Jahren beinahe den Rang abgelaufen. Damals wurde der neue, an moderne konzentrierte Bordeaux erinnernde Stil populär, und die besten Weine kamen zunächst vom Duero. Nach Ribera del Duero hat auch die benachbarte DO Toro ihren eigenen Tempranillo-Stil entdeckt, basierend auf der eigenen uralten Tempranillo-Variante Tinta de Toro. Die Weine sind noch konzentrierter und dichter als die Riberas. Parallel dazu hat in dieser Region eine Weissweinsorte mit einer eigenen Appellation die Herzen vieler Weinliebhaber erobert. Rueda mit der Sorte Verdejo hat gezeigt, dass Spanien nicht nur an der Küste, sondern auch im Landesinneren sehr frische und fruchtbetonte Weissweine hervorbringen kann. Dass dies auch international anerkannt wurde, hat viele Winzer der benachbarten Hochebene in Castilla-La Mancha auf den Plan gerufen. Mittlerweile findet man auch dort sehr gute Weissweine. Bekannt aber sind La Mancha, Valdepeñas oder Uclés, jedoch auch die rund um Madrid gelegenen Appellationen wie Méntrida, Vinos de Madrid und Mondéjar vor allem für ihre Rotweine. Tempranillo und auch französische Sorten prägen die Weinberge auf der zentralen Hochebene, Garnacha dominiert rund um Madrid.
Der mediterrane Küstenstrich und die Balearen
Von der französischen bis zur portugiesischen Grenze und weit ins Inland ziehen sich einige der bekanntesten Anbaugebiete Spaniens. Rund um Barcelona hingegen entstehen nicht nur mit Abstand die meisten Cavas Spaniens, sondern auch viele Weiss- und Rotweine. Richtung Frankreich ist Costers del Segre das bekannteste Weinbaugebiet, in dem auch französische Rebsorten eine Rolle spielen. Wiederentdeckt wurde ab Ende der 1980er Jahre Montsant mit dem in seiner Mitte liegenden Priorat. Diese beiden Regionen haben sich zu den bedeutendsten Anbaugebieten Spaniens entwickelt. Dort entstehen aus südlichen Rebsorten wie Garnacha und Cariñena einige der ganz grossen Weine der Iberischen Halbinsel.
Die Küstenstädte Valencia und Alicante sind gleichsam die Wein-Hauptstädte der in ihrer Nähe liegenden Appellationen. Zu ihnen gehören die D.O.P. Valencia und Utiel-Requena, Almansa, die D.O.P. Alicante, ferner Yecla und Jumilla. Dort dominiert die Rotweinproduktion mit Rebsorten wie Monastrell, Bobal und Tempranillo. Weiter im Süden bei Malaga, Cádiz und Jerez de la Frontera werden traditionell aufgespritete Weine wie der Sherry erzeugt. Neben der D.O.P. Jerez sind Cádiz, Malaga und auch Montilla-Moriles bedeutend.
Auf den Balearen findet seit Urzeiten Weinbau statt. Neben Ibiza ist vor allem Mallorca ein spannendes Anbaugebiet. Dort hat sich im Laufe der Jahrhunderte ein gutes Dutzend eigenständiger autochthoner Rebsorten entwickelt, die unter anderem in den Appellationen Plà i Llevant und Binissalem stehen. Der Fokus liegt eindeutig auf roten Sorten wie Callet oder Manto Negro. Weine aus diesen Rebsorten sind mittlerweile international ausgesprochen erfolgreich.